Dieser Bericht beschreibt eine Expedition unseres Vorstandsassistenten Markus Adamek und stammt aus unserem Waldgeflüster Magazin #01


Die letzten 100 m bis zur Forschungsstation Cabang Panti müssen wir knietief im Wasser watend das Boot schieben. Der Fluss ist hier so flach, dass das voll besetzte Boot ständig auf Grund läuft. Nach vier Stunden Fahrt sind wir an unserem Ziel angekommen. Die erste Hälfte der Fahrt führte durch offenes Gelände und dichte Bestände von Pandanus-Pflanzen an den Flussufern. Warnschilder erinnern daran, dass in diesem Flussabschnitt Leistenkrokodile auf der Lauer liegen und dass man hier besser nicht kentern sollte. Sobald wir die Grenze zum Gunung Palung Nationalpark ganz im Westen des indonesischen Teils der Insel Borneo erreicht haben, spendet der unberührte Regenwald an den Ufern Schatten und wir gleiten durch eine wunderschöne Szenerie aus riesigen Urwaldbäumen, Epiphyten und Stelzwurzeln.

Am nächsten Tag folgen wir einer Gruppe aus drei Orang-Utans: einem Weibchen namens Bibi, ihrem fast ausgewachsenen Sohn Bias und einem nicht identifizierten Männchen. Die Menschenaffen mit dem roten Zottelfell bewegen sich mit ihren überlangen Armen in 20-30 m Höhe auf der Suche nach Früchten, Blättern und Rinde geschickt durch die Baumkronen des Torfsumpfwaldes. Gelegentlich verlassen sie die schwindelerregenden Höhen, um sich ein verrottendes Holzstück vom Waldboden zu angeln, in dem sie leckere Termiten vermuten.

Allerdings halten sie sich auf Nahrungssuche nicht immer an die Grenzen des Nationalparks. Manchmal dringen sie auch in die bewirtschafteten Dorfwälder in direkter Nachbarschaft zum Nationalpark ein, die auch für andere Wildtiere ein wichtiges Habitat außerhalb des Schutzgebiets darstellen. In diesen Dorfwäldern betreiben die Gemeinden Agroforstwirtschaft. Im Schatten der Bäume bauen sie vor allem Kaffee an, ernten aber auch Nichtholzprodukte wie Wildbienenhonig. In den Hausgärten der Dörfer wachsen verschiedenste Gemüse- und Heilpflanzen, aber auch Schraubenbäume der Gattung Pandanus, deren Blätter zum Flechten von Körben und Matten genutzt werden.

Allerdings ist der Anbau auf den Agroforstflächen und in den Hausgärten bisher nicht sonderlich produktiv oder nachhaltig, und das liegt an mehreren Faktoren: zum einen an der Überalterung der Kaffee- und Pandanuspflanzen und zum anderen an mangelnden Kenntnissen wie z.B. zur Bodenverbesserung oder ökologischen Düngung. Zudem fehlt es an finanziellen Mitteln, um Geräte für die Weiterverarbeitung der landwirtschaftlichen Produkte anzuschaffen und durch wertschöpfendes Trocknen, Konservieren oder Verpacken den Marktwert der Produkte zu erhöhen.

Hier setzt unser vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziertes Projekt an: Über unseren lokalen Projektpartner Yayasan Palung werden Pflanzensetzlinge und Geräte für die Feldarbeit sowie die Weiterverarbeitung angeschafft. Außerdem bieten wir für die Kleinbauernkooperativen verschiedene Workshops zur ökologisch nachhaltigen Produktion und Weiterverarbeitung an, die durch Schulungen zur Unternehmensplanung und Vermarktung ergänzt werden. Die Teilnahme an regionalen und nationalen Messen soll den Bauern zudem die Entwicklung von Partnerschaften mit Händlern und Unternehmen in einem größeren Netzwerk ermöglichen.

Gefahr durch Waldbrände

Ein weiterer Fokus des Projekts liegt auf der Vermeidung von Waldbränden. Dazu werden Workshops u.a. zur brandlosen Rodung angeboten und zusätzlich regelmäßige Waldpatrouillen durchgeführt, um Risiken für Waldbrände rechtzeitig erkennen und diese schnell bekämpfen zu können. Tatsächlich stellt die Brandrodung für die Dorfwälder in der Randzone des Gunung Palung Nationalparks eine große Gefahr dar.

Nachdem in den letzten Jahren ein ausgedehntes Kanalnetz angelegt wurde, um weite Teile der Landschaft für die Umwandlung in Ölpalmenplantagen trockenzulegen, wurden die Torfböden weitgehend entwässert und so besonders anfällig für verheerende Waldbrände. Damit die Heimat der Menschen vor Ort und der einzigartigen Tierwelt in ihrer Nachbarschaft noch lange erhalten bleiben kann, setzen wir auch bei diesem Projekt wieder auf eine enge Zusammenarbeit und den Austausch von Know-how mit unseren lokalen Partnern.

Orang-Utans leben in den tropischen Regenwäldern der südostasiatischen Inseln Sumatra und Borneo. Ihr Name kommt aus dem Malaiischen und bedeutet „Waldmensch”. Dank ihrer kräftigen Arme hangeln sich die Tiere von Baum zu Baum und sind selten auf dem Boden unterwegs. Orang-Utans waren in Südostasien einmal weit verbreitet, sind aber mittlerweile vom Aussterben bedroht. Das liegt vor allem an der Zerstörung ihres Lebensraumes durch die Rodung großer Waldflächen für die Holzgewinnung und die Errichtung von Palmöl-Plantagen.