Seit Anfang 2022 unterstützen wir ein weiteres Projekt in Asien und sind seitdem auch auf der indonesischen Insel Java aktiv. Im westlichen Teil des dortigen Dieng-Gebirges befindet sich eine der weltweit größten Populationen des bedrohten Silbergibbons (Hylobates moloch). Gibbons sind besonders auf geschlossene Baumkronen intakter Primärwälder angewiesen, und da sie sich nur selten am Boden bewegen, sind sie besonders anfällig für die Isolation durch Lebensraumfragmentierung.
Deshalb ist unser übergeordnetes Ziel für das Projektgebiet der Schutz und die Wiederherstellung des Lebensraums und der Population des Silbergibbons. Wie in unserem Gibbon-Projekt in Myanmar wird hier auf den nachhaltigen, wildtier- und waldfreundlichen Anbau von Kaffee als Einnahmequelle für die Bewohner der Dörfer gesetzt. Dabei soll ein gemeindeverwaltetes Schutzgebiet (ein so genanntes Critical Ecosystem = Kritisches Ökosystem) eingerichtet werden.
Im Rahmen des ganzheitlichen Projekt-Ansatzes
– wird die nachhaltige Produktion von Waldprodukten (z. B. Kaffee und Bienenwachs) verbessert.
– wird das Bewusstsein für den Naturschutz gefördert und die Umweltbildung gestärkt.
– führen wir Gibbon-Forschung und -Monitoring durch.
Ein paar Eindrücke aus dem Projektgebiet:
Initiative: Gibbon-Kaffee
Nach dem Erfolg unseres Waldkaffee-Projekts in Myanmar haben wir uns mit dem indonesischen Gibbon-Experten Dr. Arif Setiawan und dessen Team von SwaraOwa zusammengetan, um Agroforst-Initiativen von indonesischen Bauern zu unterstützen und für einen nachhaltigen Schutz der Silbergibbons und ihres Lebensraumes zu sorgen. Kaffee eignet sich hervorragend für den nachhaltigen Anbau, da die Pflanzen im Wald wachsen können, ohne dass bestehende Bäume abgeholzt werden müssen. Die Kaffeeproduktion hat in einigen Regionen bedauerlicherweise einen erheblichen Beitrag zum Biodiversitätsverlust geleistet. Doch es gibt einen vielversprechenden Wendepunkt: Durch die Einführung wildtierfreundlicher und sogar wildtierpositiver Anbaumethoden wie dem Shade-grown Coffee in bestehenden Wäldern eröffnen sich nachhaltige Perspektiven.
Schattenanbau von Kaffee, auch als „shade-grown coffee“ bekannt, ist eine nachhaltige Anbauweise, die nicht nur die Qualität des Kaffees verbessert, sondern auch positive Auswirkungen auf Wälder und Wildtiere hat. Im Gegensatz zu herkömmlichen Monokulturen, bei denen Kaffeepflanzen in voller Sonne angebaut werden, erfolgt der Anbau im Schatten unter natürlichen Baumkronen. Dies schützt nicht nur den Boden vor Erosion, sondern trägt auch zur Erhaltung der Artenvielfalt bei. Die Bäume bieten Lebensraum für verschiedene Vogelarten und fördern das Gleichgewicht des Ökosystems. Darüber hinaus tragen die schattenspendenden Bäume dazu bei, die Temperatur zu regulieren und Feuchtigkeit zu speichern, was wiederum die Kaffeequalität positiv beeinflusst. Der Anbau von shade-grown coffee schafft somit eine Win-Win-Situation, die nicht nur den Kaffeegenuss verbessert, sondern auch einen nachhaltigen Beitrag zum Schutz von Wäldern und Wildtieren leistet.
Ziel des Projekts ist es, eine nachhaltige Kaffee-Agroforstwirtschaft zu fördern und mit Hilfe eines partizipatorischen, marktorientierten Ansatzes Wertschöpfungsketten für biodiversitätsfreundlichen Kaffee zu entwickeln.
Was tun wir vor Ort?
1. SwaraOwa bietet Schulungen an, ermöglicht den Aufbau von Kapazitäten und bietet den Bauern finanzielle Unterstützung, damit sie eine wildtierfreundliche, zertifizierte Produktion einführen können.
2. Wir fördern Vereinbarungen mit den Bauern zum Schutz der verbleibenden Primärwälder, um eine abholzungsfreie Kaffeeproduktion zu gewährleisten.
3. Wir stellen einfache Kaffeeverarbeitungsgeräte zur Verfügung, um die Nachernteverarbeitung zu verbessern.
4. Schulungen zur Verbesserung der Qualität von Kaffeebohnen sowie der Nachernteverarbeitung sorgen dafür, den hohen Anforderungen des Spezialitätenkaffeemarktes gerecht zu werden.
5. Der Bekanntheitsgrad des „Gibbon-Kaffees“ (indonesisch: Kopi Owa) wird durch gezielte Marketingkampagnen gesteigert.
6. Unter dem Label „Wildtierfreundlich“ werden weitere neue Produkte wie Palmzucker, Bienenhonig und Wachs etabliert.
Der Gibbon-Kaffee wird bereits im Zoo Singapur erfolgreich angeboten. Dieses Beispiel verdeutlicht das Potenzial des Kaffeeprojekts und des Geschäftsmodells der Landwirte, das einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung unserer Schutzmaßnahmen leistet und gleichzeitig wechselseitige Beziehungen zu den Gemeinden fördert, um waldfreundlichen Kaffee zu produzieren.
Initiative: Imkerei und Bienenprodukte
Neben den Kaffeepflanzen stellen die Bienen eine weitere wertvolle Ressource zur Verfügung, die sich positiv auf das Einkommen der Menschen vor Ort und die Umwelt auswirkt. In den Dörfern Mendola und Setipis wird das Bienenwachs der asiatischen Honigbiene (Apis cerana) zu Aromatherapie (Kerzen) und Haarpflegeprodukten verarbeitet und in der Region verkauft. Außerdem wurden in mehreren Dörfern Kooperativen zur Produktion von Honig von stachellosen Wildbienen etabliert.
Das Projekt unterstützt diese Initiativen, indem Imkerei-Programme angeboten und Workshops für Dorfbewohner und Jugendliche im Dorf Mendolo durchgeführt werden, in denen sie ihre Erfahrungen mit verschiedenen Techniken und dem Umgang mit den Bienenvölkern austauschen können. Mittlerweile halten viele der Teilnehmer bereits eigene Bienenvölker und das Projekt arbeitet mit 19 aktiven Bauern aus sechs Dörfern zusammen, die Bienen halten und Honigprodukte herstellen.
Initiative: Gibbon Monitoring
Zusätzlich zu den eher traditionellen Ansätzen des Kaffee-Anbaus und der Bienenzucht setzen wir auf moderne Technologie, um unsere Schutzmaßnahmen für den Lebensraum des Silbergibbons zu verbessern. So hat das Team damit begonnen, die neue Methode des passiven akustischen Monitorings zur Untersuchung der Populationen einzuführen, und passive Stimmrekorder im Projektgebiet installiert. Die Geräte befinden sich derzeit in der Feldtestphase, und unsere lokalen Partner wurden in der bioakustischen Überwachung geschult.
Dies hilft uns bei der Überwachung der Populationen des Silbergibbons und anderer Wildtiere, da die Geräte jeden Morgen zwischen 5:00 und 21:00 Uhr automatisch alle Geräusche aufzeichnen. Wir hoffen, dass wir eine langfristige Überwachung durchführen können, da diese Methode uns wesentlich dabei hilft, die Wirksamkeit unserer Schutzkonzepte zu untersuchen.
Mit den Maßnahmen im Dieng-Gebirge schützen wir auch die Heimat dieser Tiere:
Natürlich wären all unsere Initiativen zum Schutz des Lebensraums dieser Arten ohne unsere Partner nicht möglich: Ein besonderer Dank an unseren lokalen Partner SwaraOwa, den US Fish and Wildlife Service und den NABU für finanzielle Unterstützung!